Wo scheint im Beteiligungsmarkt die Sonne?
Blog-Beitrag
Wo scheint im Beteiligungsmarkt die Sonne?
Es herrschen positive Zeiten für Beteiligungsgesellschaften, die mit gut gefüllten Kassen nach passenden Unternehmenskäufen Ausschau halten. Auch die Konjunktur spielt unverändert mit – was will man mehr! Okay, die Haltedauer von Beteiligungen werden für die Fonds länger, weil es einfach auch mehr Zeit bedarf, die Portfolio-Gesellschaften weiterzuentwickeln. Auch der Kapitalmarktzins bietet so manche Verlockung, den Preis für den Erwerb des Unternehmens seiner Wahl mit einem hohen Fremdkapitalanteil auszustatten. Ebenso hat sich die Akzeptanz gegenüber Beteiligungsgesellschaften aus Sicht der Familiengesellschaften in den letzten Jahren positiv verändert, wie PricewaterhouseCoopers (PwC) zuletzt in seiner Befragung „Private Equity in Familienunternehmen – der Beginn einer wunderbaren Freundschaft“ von mehr als 300 Entscheidern festgestellt hat. Endlich!
Dennoch, wenn man die Zeitungen der letzten Wochen studiert, wird man irgendwie das Gefühl nicht los, dass die gesamte Beteiligungsindustrie derzeit augenscheinlich unter vielen Problemen leidet. Um herauszufinden, ob und auf wen diese Probleme zutreffen, möchte ich mir fünf der immer wieder gerne penetrierten Aussagen einmal näher anschauen.
Einer der augenblicklich hartnäckigsten Aussagen ist, das derzeit umgesetzte Investments der Beteiligungsunternehmen hoch riskant seien. Als Grund werden dafür die gegenüber 2012 deutlich gestiegenen Preise für Unternehmen angeführt, die mittlerweile das Niveau „alter Zeiten“ erreicht haben sollen. Ich kann schon verstehen, dass Gesellschafter von Beteiligungsfonds Bedenken haben, dass zu hohe Bewertungen die zukünftige Rendite negativ beeinflussen werden! Aber schauen wir uns doch einmal die Entwicklung genauer an und betrachten dabei den deutschsprachigen Raum (siehe Abbildung 1).
Abbildung 1. Quelle: Finance Magazin; Umsatzgrößenklassifizierungen: Small Cap < 50 Mio. Euro, Mid Cap 50 – 250 Mio. Euro, Large Cap > 250 Mio. Euro
Hierbei kann man erkennen, dass das für die Bestimmung des Kaufpreises relevante Ergebnis Multiple „EBIT“ (=Earning before interest and tax bzw. Ergebnis vor Zinsen und Steuern) in dem Zeitraum von 2010 bis heute vom Niveau her insgesamt gestiegen ist. Aber hier gibt es abhängig von der zu erwerbenden Unternehmensgröße doch deutliche Unterschiede zu berücksichtigen: Zum einen sind die Multiples für größere Transaktionen (Bruttounternehmenswert größer 250 Mio. Euro, sogenanntes „Large Cap“) schon immer höher als die Multiples für z.B. kleinere Transaktionen (Bruttounternehmenswerte kleiner 50 Mio. Euro, sogenanntes „Small Cap“). Zum anderen sind die Multiples bei größeren Transaktionen zwischen 2010 und heute auch deutlich stärker gestiegen, als die für kleinere Transaktionen, wie man der Abbildung 2 entnehmen kann. Die in den Publikationen penetrierte Meinung bzgl. der Kaufpreissteigerungen trifft damit insbesondere auf große Unternehmen mit einem Transaktionswert von über 250 Mio. Euro und mehr zu und lässt sich auf kleinere Transaktionen so nicht direkt übertragen!
Abbildung 2. Quelle: Finance Magazin; Umsatzgrößenklassifizierungen: Small Cap < 50 Mio. Euro, Mid Cap 50 – 250 Mio. Euro, Large Cap > 250 Mio. Euro
Ein weiteres hartnäckiges Argument besagt, dass es im Markt derzeit keine oder nur sehr wenige Unternehmen gibt, die man kaufen kann. Das sei auch der Grund, weshalb der Wettbewerb um diese Gesellschaften groß ist, was wiederum einen Kaufpreis erhöhenden Effekt hat. Die Effekte sind zwar nachvollziehbar aber ich denke, dass man auch diese Aussage des „Unternehmens-Mangels“ deutlich differenzierter sehen muss. Wichtig ist bei dieser Betrachtung doch auch immer die Frage, über welches Unternehmens–Größensegment sprechen wir denn?
Beteiligungsgesellschaften investieren pro Fondsvehikel ihre Mittel in durchschnittlich in ca. fünf bis zehn Investments. Große Fonds erwerben somit große Unternehmen, von denen es in der Tat nur eine geringere Anzahl gibt, als von kleineren Gesellschaften. Auf Deutschland bezogen kann man diese Verteilung von der Grundgesamtheit aus betrachtet in Abbildung 3 gut erkennen. Während es 2014 im Segment der kleineren mittelständischen Gesellschaften, die einen Umsatz zwischen 2 Mio. Euro und 10 Mio. EUro generierten, knapp 160.000 Gesellschaften sind, waren es im Segment der Unternehmen von 50 Mio. Euro Umsatz und mehr nur noch ca. 12.000 Gesellschaften. Ist die Grundgesamtheit groß, dann gibt es in diesem Segment auch entsprechend viele attraktive Investmentmöglichkeiten, die in einem moderaten Wettbewerbsumfeld erworben werden können. Demzufolge sind Investmentmöglichkeiten in kleinere Unternehmen attraktiver, nicht zuletzt, weil der Wettbewerb um diese mittelständischen Gesellschaften im Vergleich zu großen zum Verkauf anstehenden Unternehmen deutlich moderater ausfällt.
Abbildung 3. Quelle: Statistisches Bundesamt
In diesem Kontext ist auch immer wieder zu lesen, dass die Manager viel zu viel Geld in ihren Fonds haben, dass sie bisher noch nicht angelegt haben, was man auch als sogenanntes „trockenes Pulver“ bezeichnet. In der Tat ist dies insbesondere bei großen Fondsvolumen auffällig, da es dort auch aufgrund der geringeren Anzahl an veräußerbaren Gesellschaften länger dauern kann, bis die Mittel abgerufen werden. Aber hier gibt es aus meiner Sicht folgendes zu berücksichtigen: „Trockenes Pulver“ wurde schon vor zwanzig Jahren in der Branche als Risiko proklamiert, das aufgrund gestiegener Fondsvolumen seit dieser Zeit auch deutlich gewachsen ist. Stimmt! Aber dennoch setzt sich ein Portfolio im Zeitverlauf immer aus Beteiligungen zusammen, die man macht und solchen, die man ablehnt. Auch dieser Aspekt führt dazu, dass Fondsmittel sinnvoller Weise – Fondsgrößen-unabhängig – sukzessive investiert werden, was auch von der Mechanik her gar nicht anders funktioniert: Denn dem eingesammelten Kapital steht ja nicht sofort in gleicher Höhe Investmentmöglichkeiten gegenüber! Insoweit ist das angebliche Phänomen des „trockenen Pulvers“ auch aus der Technik bzw. Systematik her, wie Fonds agieren, ein „alter Hut“ bzw. systemimmanent!
Ein weiterer Punkt, der immer wieder im Kontext mit hohen Kaufpreisen in der Presse angeführt wird ist, dass die Kaufpreis – Fremdkapitalquoten wieder eine „ungesunde Struktur“ erreicht haben, so, wie sie vor der Finanzkrise bestanden.
Wenn wir die Kaufpreis-Fremdfinanzierungquote in Zeiten der Finanzkrise von 2008 mit der der heutigen vergleichen, dann kann man in Abbildung 4 erkennen, dass diese aktuell unter dem Niveau von 2008 liegt und auch trotz der niedrigen Zinsen in den letzten vier Jahren fast kontinuierlich gefallen ist. Dennoch muss man bei diesem Vergleich aber auch immer berücksichtigen, dass sich der Markt im Kaufpreis-Fremdfinanzierungsbereich komplett verändert hat. Zwischenzeitlich wurden viele Fremdkapitalfonds, sogenannte „Debt-Fonds“, aufgelegt, die für die Banken einen harten Konkurrenzkampf hinsichtlich der Finanzierung von Unternehmenskäufen darstellen. Hierbei hört man immer wieder, dass bei mittelgroßen Transkationen in diesem Kontext immer seltener Banken bzgl. der Finanzierung angefragt werden, da Debt-Fonds auch bereit sind, deutlich mehr zu finanzieren als Banken. Welche Anlagerisiken sich dadurch für Debt-Fondsgesellschafter ergeben, muss sich jeder Anleger selbst überlegen.
Aus volkswirtschaftlicher Gesamtsicht würde ich mir an dieser Stelle auch dann keine großen Sorgen machen, wenn der Kaufpreis-Fremdfinanzierungsgrad das gleiche Niveau wie 2008 hätte, weil die Eigenkapitalstruktur der dahinterliegenden operativen Gesellschaften heutzutage deutlich stabiler ist als sie in 2008 war.
Abbildung 4. Quelle: Pitchbook
Dennoch, Fonds, die in ihrem Geschäftsmodell auf eine unverändert hohe Kaufpreis-Fremdfinanzierung setzen, muss man als Fondsanleger mögen, zumal sie einem deutlich höheren Risiko unterliegen als Fonds, die sich – trotz aller Zinsattraktivität – auf das operative Wachstum ihrer Portfoliogesellschaften fokussieren und für die der Aspekt „Kaufpreisfremdfinanzierung“ höchstens ein Randthema ist.
Eine letzte, immer wieder gerne kolportierte Aussage ist, dass Unternehmer wegen fehlender attraktiver Anlagealternativen ihre Betriebe nicht veräußern wollen, weshalb es zu einem Mangel an veräußerungswilligen Gesellschaften komme. Das mag in dem einen oder anderen Fall für den Unternehmer bestimmt ein Aspekt sein. Im Vordergrund steht meiner Erfahrung nach aber eindeutig die Lebensplanung, die der Unternehmer für sich umgesetzt sehen will. Wenn er das Gefühl hat, dass er persönlich der nächsten Entwicklungsstufe seiner Gesellschaft nicht mehr gewachsen ist, dann wartet er nicht darauf seine Firma zu veräußern, bis sich der Markt für Kapitalanlagen aus seiner Sicht so entwickelt hat, dass er den dann realisierten Kaufpreis „attraktiv“ investieren kann. Ohne philosophisch werden zu wollen, ist es aus meiner Sicht zudem ein schwaches Argument für diesen angeblichen „Verkaufsmangel“, weil es schließlich in jeder Kapitalmarktphase attraktive Anlagemöglichkeiten gibt! Oder?
Über den Autor Dr. Dirk Neukirchen und Allistro
Dr. Dirk Neukirchen schreibt seit September 2012 über aktuelle Entwicklungen aus dem Bereich des privaten Beteiligungskapitals und setzt sich unter anderem mit den Anlagemöglichkeiten, der Mittelherkunft und den Rahmenbedingungen solcher Finanzierungsformen auseinander.
ALLISTRO ist eine von mittelständischen Unternehmern gegründete Beteiligungsgesellschaft. Unser Fokus liegt auf Nachfolgeregelungen im innovativen Mittelstand der DACH-Region, welche wir von unseren Büros aus Deutschland und der Schweiz begleiten.
Im Rahmen von Wachstumsfinanzierungen und Nachfolgeregelungen bieten wir gut positionierten mittelständischen Unternehmen eine langfristige Eigenkapitalbeteiligung.
Im Fokus stehen dabei Unternehmen mit Sitz im deutschsprachigen Raum und einem Umsatzvolumen zwischen € 5 Mio. und € 30 Mio. ALLISTRO arbeitet stets nach dem Leitsatz: „Werte schaffen – Werte erhalten“.
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