Big Data und der Tante Emma Laden – der zukünftige Wandel im mittelständischen Handel.

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Big Data und der Tante Emma Laden – der zukünftige Wandel im mittelständischen Handel.

 

Betrachtet man einmal das Benutzerverhalten im klassischen Handel, dann sieht man aus meiner Sicht doch recht schnell, dass die derzeit dazu geführte Diskussion oftmals zu einfach dargestellt wird. Wieso spricht man so häufig nur vom Online-Handel oder dem stationären Handel als Alternative? Das trifft nicht nur auf den Apotheker und das Schuhgeschäft zu. Es gilt auch für den mittelständischen Handel im B-to-B Bereich. Ich glaube nicht nur, dass trotz des starken Wachstums der Onlinehändler auch der stationäre Handel zukünftig seine Existenzberechtigung hat, sondern auch die Trennung zwischen online und offline Geschäften längst aufgehoben ist.

Im Handel hat man schon immer gut verdienen können, das beweisen nicht nur die Listen der reichsten Personen, die von vielen Händlern dominiert wird. Es sind noch die Erfolge, die auf mutige und innovative Ideen der Unternehmer aus Zeiten des Wirtschaftswunders herrühren. Aber mit welchen Strategien müssen diese heute arbeiten, um auch zukünftig diese Position zu behaupten? Schaut man sich den Umsatzanteil des Online-Handels an, dann bekommt man eine Bestätigung des erahnten: Von den 428 Milliarden Euro Gesamtumsatz, die allein beispielsweise der Handelsverband Deutschland (HDE) für 2013 geschätzt hat, stammen rund 33 Milliarden Euro aus dem E-Commerce. Das entspricht einem Online-Anteil von 7,7 Prozent. Während der Handel insgesamt stagniert, steigen die Umsatzzahlen im E-Commerce jedoch um jährlich 12 Prozent. Ich glaube, dass das Kundenverhalten zu diesem Aspekt keine Landesgrenzen kennt und von der Bedeutung ebenso für andere Länder steht.

Big Data kann einen direkten Nutzen für Verbraucher und Anbieter liefern.

Auf der gerade stattfindenden CeBIT in Hannover wird auch in diesem Jahr wieder über die Themen Big Data und Datability diskutiert. Datability beschreibt die Fähigkeit, große Datenmengen in hoher Geschwindigkeit intelligent zu analysieren und verantwortungsvoll zu nutzen. Dies soll Unternehmen bis noch vor kurzem ungeahnte Möglichkeiten eröffnen. Das Versprechen lautet: Sie können aus vorhandenen Daten das zukünftige Kundenverhalten prognostizieren und neue Angebote entwickeln.

Wenn über Big Data gesprochen wird, geht es zumeist um Prozessoptimierungen oder Einsparpotenzial für Unternehmen. Der Verbrauchernutzen ist nicht immer offensichtlich, es sei denn, dass durch Einsparpotential Kosten gesenkt werden können und diese dann zum Beispiel über günstigere Preise an den Konsumenten weitergegeben werden. Aber das ist meines Erachtens mehr ein Marketingversprechen. In den Hochglanzbroschüren und Pressemeldungen der Big-Data Missionare wird aber auch ein direkter Nutzen für Verbraucher und Anbieter angepriesen.

Vereinigung des realen und digitalen Lebens

Der platte Online-Shop ist es nun auch nicht allein. Zwar kommen immer wieder neue Anbieter mit phantasievollen Geschäftsideen aus dem Markt, aber nur wenige davon werden einen nachhaltigen Erfolg verbuchen können. Aber auch der traditionelle Händler ist schon seit einiger Zeit gezwungen, seine Geschäftsmodelle zu überdenken, sich neu aufzustellen und sich damit der digitalen Welt zu öffnen. Dazu ein aktuelles Beispiel aus dem Einzelhandel: Was in der Umkleidekabine des Einzelhandels zu Schweißausbrüchen führt, endet beim Online-Shopping mit der Retoure unterm Arm im nächsten Paketshop. Der Branchenprimus Zalando berichtet von einer Retourenquote von etwa 50 Prozent, im Branchendurchschnitt sollen es etwa 40 Prozent sein. Das Problem liegt hier aber nicht alleine bei den Kunden, denn dass Bekleidung verschiedener Hersteller doch immer wieder unterschiedlich ausfällt, hat jeder schon erlebt.

Etwa 40 Millionen Deutsche kaufen Bekleidung über Versandhäuser ein und etwa die Hälfte davon über das Internet.

Dem dadurch entstehenden Frust auf beiden Seiten hat ein Berliner Startup-up Unternehmen den Kampf angesagt. Mit einer handelsüblichen Webcam soll der Käufer lediglich bis zu fünf Fotos aus verschiedenen vorgegebenen Perspektiven machen und diese über eine in die Website des Online-Shops integrierte Anwendung (App) auf die Server des Unternehmens hochladen. Eine Software ermittelt dann anhand von unzähligen verschiedenen gespeicherten Figur Typen die entsprechende Größe und gleicht diese mit den Schnittmustern der Bekleidungshersteller ab. Heraus kommen dann eine Kaufempfehlung und eine Vorhersage zur Passform des entsprechenden Kleidungsstücks. Das hört sich wirklich gut an und scheint clever und umweltfreundlich zu sein. Es ist dem Unternehmen zu wünschen, dass sich die Idee im Markt durchsetzt.

Was Vorteile hat, bringt auch Nachteile mit sich

An diesem Beispiel lassen sich eindrucksvoll die Möglichkeiten aufzeigen, die die Zusammenführung unterschiedlicher Datenquellen bieten kann. Leider zeigt es aber auch, dass sowohl auf der Kunden- als auch auf der Anbieterseite Ressentiments abgebaut werden müssen, um Big Data-Projekte erfolgreich in unseren Alltag implementieren zu können. Offensichtlich ist auch gerade die Angst einer missbräuchlichen Verwendung der Daten, nach den scheinbar nicht enden wollenden Datenskandalen der letzten Zeit, zu tief verwurzelt. Auf dieses Thema bin im letzten Monat eingegangen.

Kann der abschätzige und mangels Professionalität geschmähte Tante-Emma-Laden Vorbild für zukunftsfähigen Handel sein?

Gilt es letztlich die Erfolge des ursprünglichen Tante-Emma-Ladens in die digitale Welt zu übertragen? Ich denke schon. Zwar kannten vor 100 Jahren die Tante-Emma-Einzelhändler kein Big Data, aber sie kannten ihre Kunden genau, wussten,  welche Produkte sie bevorzugen und was ihnen auch sonst noch gefallen könnte, sogar wie oft er in das Geschäft kommt. Insoweit ist das das „M zu M“-Geschäft, das heißt das Mensch zu Mensch Geschäft heute nicht anders als im letzten Jahrhundert. Ist die Technik der große Veränderer im Spiel?

Die Technik allein gibt auch nicht die zukünftige Marschrichtung an. Auch Kundenwünsche treiben den Wandel voran in Kombination mit verändertem Lebens- und Arbeitsverhalten – und das in Kombination mit der aktuellen Technik. Wer kann sich z.B. noch daran erinnern, dass früher die Geschäfte nur einmal in der Woche, nämlich am langen Donnerstag bis 20:00 Uhr offen hatten und sonst um 18:30 Uhr schlossen? Und ich glaube, ich war nicht der einzige auf der Welt, der noch Anfang dieses Jahrhunderts Samstags früh genug aufstehen musste, um noch schnell für das Wochenende die Lebensmittel zu kaufen, da man sonst um 13:00 Uhr spätestens vor der dann verschlossenen Tür des einzigen EDEKA-Geschäfts in der Nachbarschaft stand.

Ich denke, dass der Kunde bei der Frage, welche Form des Handels aus seiner Sicht überleben wird, nur schwer zu einer Antwort kommt. Denn er handelt je nach Lebenssituation. Zwar geben laut einer Studie von PWC Online-Nutzer hauptsächlich drei Gründe an warum sie online bestellen (Online Shopping ist bequem, keine Wartezeiten an der Kasse/es wird geliefert, Shopping rund um die Uhr). Aber was passiert, wenn es das Produkt derzeit nicht online gibt, man es sofort haben möchte oder gar – wie im Beispiel oben beschrieben – tauschen möchte? An diesen Schnittstellen ist der stationäre Handel in Zukunft auch immer gefragt. Eine weitere Bestätigung für die zukünftige Existenzberechtigung des stationären Handels sieht man vielleicht auch, wenn man den Kaufvorgang in Prozessschritte zerlegt: Denn der stationäre Handel ist in neun von elf Warenkategorien der bevorzugte Einkaufskanal des digitalen Kunden (PWC: „Der Kunde wird wieder König“). Aber die Informationsgewinnung über Produkte, deren Qualität und Preise findet digital statt und ist daher zum Auftritt im stationären Handel konsistent.

Verwunderlich finde ich die teilweise „hochanspruchsvollen“ Aussagen, wie man diese Absatzstrategie über die einzelnen Kanäle steuern muss, damit sie wirkungsvoll zusammen funktionieren. Ich finde, es bedarf keines besonderen Know-hows um zu wissen, dass die Produkte sowohl über den Online-Handel als auch über den stationären Handel gleich aufgemacht sein müssen, damit er die notwendige Wiedererkennung findet. Aber worin liegt denn dann die Herausforderung für den Handel? Oder muss man zwischen B-to-C und B-to-B bei einer solchen Frage unterscheiden??

Bedenkenswert und nicht zu unterschätzen finde ich die Gründe für den Verzicht auf den Online-Einkauf, die in einer Befragung von Eurostat zur Nutzung in Privathaushalten angegeben wurden. Die Top 5 waren: Nicht nötig / Ich kaufe lieber persönlich im Geschäft ein, möchte die Ware sehen, aus Treue zum Geschäft, aus Gewohnheit. / Bedenken in Bezug auf die Zahlungssicherheit / Datenschutzbedenken / Mangelndes Vertrauen. Da spricht doch dann wieder viel Gutes für den Einzelhandel und Tante Emma. Das Totgesagte Handelskonzept lebt. In Deutschland wurde es in den 1980er Jahren von Lebensmittelläden abgelöst, die von Immigranten, insbesondere von Einwanderern aus der Türkei, betrieben werden. Sie werden heute mit einem Augenzwinkern „Onkel-Mehmet-Läden“ genannt. Bei Tante Emma und Onkel Mehmet bekommt der Kunde schon immer mehr, als er bei anderen Händlern bekommen hat. Nämlich Lebensgefühl.

Und genau das hat der stationäre Händler von morgen zu leisten. Er muss Produzent von Lebensgefühlen sein, ein Moderator von Kundenbedürfnissen, ein persönlicher Agent der Kunden, Künstler der Kommunikation, ein Dirigent einer Gemeinschaft, geschickter Logistiker und Unternehmer in einem. Er muss erkennen, dass das (mobile) Internet nicht nur ein veritabler Vertriebs- und Einbahnstraßen-Kommunkationskanal ist, sondern vor allem auch ein Dialograum, der aus Online-Erwartungen adäquate Offline-Erfahrungen am Verkaufsort machen muss. Entscheidend ist nun, welche bewährten Erfolgsfaktoren wir für die Zukunftsmodelle im Handel nutzen.

Über den Autor Dr. Dirk Neukirchen und Allistro

Dr. Dirk Neukirchen schreibt seit September 2012 über aktuelle Entwicklungen aus dem Bereich des privaten Beteiligungskapitals und setzt sich unter anderem mit den Anlagemöglichkeiten, der Mittelherkunft und den Rahmenbedingungen solcher Finanzierungsformen auseinander.

ALLISTRO ist eine von mittelständischen Unternehmern gegründete Beteiligungsgesellschaft. Unser Fokus liegt auf Nachfolgeregelungen im innovativen Mittelstand der DACH-Region, welche wir von unseren Büros aus Deutschland und der Schweiz begleiten.

Im Rahmen von Wachstumsfinanzierungen und Nachfolgeregelungen bieten wir gut positionierten mittelständischen Unternehmen eine langfristige Eigenkapitalbeteiligung.

Im Fokus stehen dabei Unternehmen mit Sitz im deutschsprachigen Raum und einem Umsatzvolumen zwischen € 5 Mio. und € 30 Mio. ALLISTRO arbeitet stets nach dem Leitsatz: „Werte schaffen – Werte erhalten“.

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Sicherheit versus Spionage und Datenklau. Wie real sind die Gefahren der Wirtschaftskriminalität für den Mittelstand in Deutschland? Ein Gastbeitrag von Friedrich P. Kötter

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Sicherheit versus Spionage und Datenklau. Wie real sind die Gefahren der Wirtschaftskriminalität für den Mittelstand in Deutschland? Ein Gastbeitrag von Friedrich P. Kötter

 

Man liest es immer wieder in den Medien: Vor allem mittelständische Unternehmen sind vom unerlaubten „Schulterblick“ Dritter in die Unternehmensgeheimnisse und von Hacker-Attacken betroffen. Jüngste Schätzungen zu den durch Wirtschaftsspionage verursachten Schäden für die deutsche Wirtschaft variieren aufgrund der hohen Dunkelziffer zwischen 50 Milliarden[1] und 100 Milliarden Euro pro Jahr.[2] Und wenn man die Statistiken im Bereich Datensicherheit betrachtet, dann kommt man ebenfalls aus dem Staunen nicht mehr heraus: Die Anzahl der bspw. an eine der führenden Anti-Hacker-Communities gemeldeten Ereig­nisse in der Kategorie „in den letzten 24 Stunden“ zeigt 443.552 und in der Kategorie „in den letzten 30 Tagen“ stolze 12.824.759 wichtige gemeldete Vorfälle an.

Die Bundesregierung, der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) und der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK) scheinen das Problem nun ernst zu nehmen und haben die Erarbeitung eines nationalen Schutzkonzepts gegen Wirtschaftsspionage beschlossen. Ziel der drei Partner ist es, eine nationale Wirtschaftsschutzstrategie auszuarbeiten, bei der insbesondere mittelständische Unternehmen stärker für Sicherheitsfragen sensibilisiert werden sollen. Die massiven Versuche, empfindliche Daten aus deutschen Unternehmen zu stehlen, sollen damit verhindert oder mindestens eingeschränkt werden. Hofft man.

Ich glaube, dass sich nur wenige Unternehmen ausreichend vor den Späh-Attacken schützen. Sie unterschätzen die Gefährdungen von Wirtschaftskriminalität – aus welchen Gründen auch immer. Ein Artikel in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung vom 30.12.2013 zu diesem Thema mit dem Titel „Mittelständler unterschätzen die Gefahr von Wirtschaftsspionage“ bringt es meiner Ansicht nach auf dem Punkt. Darin bezieht der Sicherheitsexperte Friedrich P. Kötter, Geschäftsführer von KÖTTER Security, Essen, genau zu diesem Thema Stellung. Das habe ich zum Anlass genommen und ihn gebeten, in diesem Monat einen Gastkommentar zu diesem so wichtigen Thema in meinem Blog zu schreiben.

Gastkommentar von Friedrich P. Kötter

Wie kann sich der deutsche Mittelstand gegen Spähangriffe und Wirtschaftsspionage schützen?

Die Wirtschaftsspionage wurde gerne Ländern wie Russland, Nordkorea oder China zugeschrieben. Nach den NSA-Enthüllungen von Edward Snowdon sind nun auch die USA offiziell ganz nach oben auf die Liste gerutscht – zumindest in unseren Köpfen. Ein No-Spy oder Low-Spy-Abkommen mit Amerika soll es nun in Zukunft richten. Wird dieses Abkommen bzw. diese freundschaftliche Verabredung die erhoffte Sicherheit bringen?

Doch zurück ins Heute: Trotz NSA-Affäre unterschätzen einerseits viele mittelständische Unternehmen in Deutschland die Gefahren durch Wirtschaftsspionage. Andererseits spüren sie den wachsenden Druck des Wettbewerbs. Ursache für die verschärfte Wettbewerbslage ist vor allem steigende Konkurrenz in der globalen Welt. Dieser zunehmende Wettbewerb macht sich vor allem durch einen immer intensiver werdenden Preiskampf bemerkbar. Gleichzeitig bekommen immer mehr deutsche Unternehmen zu spüren, dass dieser Wettbewerb nicht allein mit fairen Mitteln ausgetragen wird. Erst vor einiger Zeit warnte z. B. der NRW-Verfassungsschutz, dass jedes zweite Unternehmen schon einmal Ziel von Konkurrenzausspähung oder Wirtschaftsspionage war.[3] Gemäß BKA-„Bundeslagebild Wirtschaftskriminalität“ belief sich der Gesamtschaden 2012 auf fast 3,8 Milliarden Euro. Auch wenn dieser im Vergleich zu den beiden Vorjahren damit wieder unter die Vier-Milliarden-Euro-Marke sank, macht die Wirtschaftskriminalität immer noch rund die Hälfte des in der Polizeilichen Kriminalstatistik (PKS) registrierten Gesamtschadenvolumens von ca. 7,6 Milliarden Euro aus. [4] Zudem kommen weitere Schäden wie Wettbewerbsverzerrungen oder Reputationsverlust hinzu, weshalb andere Schätzungen zur Wirtschaftskriminalität deutlich darüber hinausgehen. So beziffert der Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau (VDMA) die Schäden durch Know-how-Diebstahl und Produktpiraterie für den deutschen Maschinen- und Anlagenbau auf ca. acht Milliarden Euro. Dies, so der Verband, entspricht dem Verlust von rd. 37.000 Arbeitsplätzen.[5]

Diese Zahlen unterstreichen in aller Deutlichkeit, dass die Innovationen, Geschäftsideen und Unterneh­mensinterna deutscher Unternehmen insbesondere des Mittelstandes nicht ausreichend geschützt sind.

Wichtiger Grund hierfür

Das Risikobewusstsein ist in vielen Managementbereichen nicht ausreichend vorhanden und das Thema Prävention wird im Vergleich mit den Vereinigten Staaten, Großbritannien und Frankreich bei uns in Deutschland noch zu stark vernachlässigt.

Das Problem

Viele Firmen scheuen entsprechende Investitionen. Obwohl auch die DAX 30 ihre Aufwendungen für Sicherheitsmaßnahmen zurückgeführt haben, verfügen diese nach wie vor am ehesten über gute Strukturen. Hingegen sind die meisten deutschen Mittelstandsunternehmen nicht ausreichend geschützt. Obwohl sie das bevorzugte Ziel ausländischer Spionage sind, fehlt dem Management häufig das Bewusstsein für die vielfältigen Bedrohungen seines Unternehmens − oder noch schlimmer: Es nimmt aus Kostengründen Sicherheitsrisiken bewusst in Kauf. Daran hat sich trotz der angeführten Debatte um Spionageangriffe auf Mobiltelefone und Netzwerke auch in den letzten Monaten nicht viel geändert. Viele Mittelständler setzen immer noch auf Lücke oder die alte Rheinische Volksweisheit „Et hätt noch immer jot jejange“ und hoffen, dass ihnen nichts passiert. Gänzlich wird die Grundregel „Leistung muss sich lohnen“ ad absurdum geführt, wenn der Dienstleister die Service-Level-Agreements zur Zufriedenheit des Auftraggebers erfüllt, der Einkauf dies gleichzeitig aber als Anlass für Auftragsreduzierungen oder Preisverhandlungen nutzt. Frei nach dem Motto: „Wenn nichts passiert, müssen wir auch nicht so viel zahlen.“ Dies verdeutlicht, dass die sensiblen Themen Sicherheit und Risk Management in letzter Instanz nicht auf der Einkaufsebene entschieden werden dürfen, sondern Sache des Managements sind.

Schwachstellen und Sicherheitslücken im Unternehmen aufdecken und schließen

Vor der angeführten Strategie vieler Unternehmen, auf Lücke zu setzen, kann ich nur eindringlich warnen! Und auch davor, dass sich die Diskussion zum Thema Unternehmenssicherheit ausschließlich auf den Schutz der IT-Systeme und der Datensicherheit beschränkt. Denn die Angriffe von außen erfolgen nach­weislich nicht nur per Computer. Die ungebetenen Gäste machen sich auch oft unzureichende Zutrittskon­trollen zunutze. So können Unbefugte in Forschungs- oder Produktionsbereiche gelangen und dort Daten sowie vieles weiteres wertvolles Know-how stehlen.

Zur Absicherung von Firmenarealen sind ganzheitliche Konzepte aus Sicherheitsdiensten und -technik erforderlich. Durch die Kombination von personeller Sicherheit (zum Beispiel Empfangs- und Pforten­dienste, Streifengänge) mit technischen Komponenten (Zutrittskontrollsysteme, Videotechnik, Aufschal­tung auf Notruf- und Service-Leitstellen) werden alle Bereiche gleichwertig geschützt.

Ein weiterer zentraler Aspekt betrifft die Geheimhaltung durch die Beschäftigten. Hierzu muss es klare Konzepte sowie eindeutige Leitlinien und Vorschriften für die Mitarbeiter geben, damit sie nicht leichtfertig mit sensiblen Informationen und Betriebsgeheimnissen umgehen. Damit das Ganze nicht sprichwörtlich bei „grauer Theorie“ verbleibt, sollten die Mitarbeiter im Rahmen von Schulungen anschaulich erfahren, wie leicht der Einzelne − z. B. durch unbedachte Gespräche an der Hotelbar über Produktinnovationen des eigenen Unternehmens − zur wertvollen Quelle für Spionageaktivitäten werden kann.

Die Verantwortung hierfür muss in einer Hand beim Vorstand/bei der Geschäftsführung gebündelt werden. „Sicherheit muss Chefsache“ sein. Nur ein integriertes Risk Management, bei dem die Fäden in einer Hand zusammenlaufen, sorgt langfristig für optimale Sicherheit und wird damit für Unternehmen zum strategischen Erfolgsfaktor.

Last but not least ist der Einsatz von Subunternehmern ein wichtiges Thema. Denn eine ganze Reihe von Anbietern reicht ihre Aufträge mittlerweile fast ausschließlich an Subunter­nehmer und „Scheinselbst­ständige“ weiter, um so Lohnkosten zu sparen. Diese Unternehmen fungieren lediglich noch als eine Art „Makler“.
Sicherheit aus einer Hand bedeutet jedoch nicht allein, das gesamte Know-how in den eigenen Reihen zu haben. Genauso entscheidend ist es, die erforderlichen Maßnahmen auch mit eigenem Personal umzusetzen. Schließlich ist Sicherheit absolute Vertrauenssache und kann daher nicht einfach über Schnittstellen delegiert werden. Mit Blick auf die gezielte Auswahl des Sicherheitsanbieters sollten Auftraggeber daher unbe­dingt darauf achten, dass der Dienstleister seine Aufgaben mit eigenen Mitarbeitern erbringt. Denn nur so ist für die Kunden wirkliche Leistungssicherheit gewährleistet.

Die Investitionen in dieses Stück Zukunftssicherung und Wettbewerbsfähigkeit sind unverzichtbar. Denn in Zeiten stetiger Globalisierung und wirtschaftlicher Verflechtungen ist es für Unternehmen unerlässlich, ihr Know-how optimal zu schützen.

Über den Autor:

„Herr Kötter ist Geschäftsführender Gesellschafter der KÖTTER Unternehmensgruppe (koetter.de), die in diesem Jahr ihr 80-jähriges Bestehen feiert und mit der Sparte Security größter familiengeführter Sicherheitsanbieter in Deutschland ist.. Das Familienunter­nehmen ist mit dem von Sicherheitsdienstleistungen und -technik über Geld- & Wertdienste bis zum Risiko­management reichenden Full-Service das einzige integrale Sicherheitsunternehmen im deutschsprachigen Raum. Durch internationale Kooperationen – u. a. mit G4S und der Securitas AG, Schweizerische Bewachungsgesellschaft – steht KÖTTER darüber hinaus für ein weltweites Netzwerk.

Quellen:

[1] Aussage des ehemaligen Bundesinnenministers Hans-Peter Friedrich. In: Handelsblatt online vom 28. August 2013: Wirtschaftsspionage: 50-Milliarden-Schaden.
[2] Verein Deutscher Ingenieure. In: Focus online vom 03. Februar 2014: Ingenieure warnen vor milliardenteurer Spionage.
[3] NRW-Verfassungsschutz. In: fair-news.de vom 6. November 2013.
[4] BKA: Bundeslagebild Wirtschaftskriminalität 2012, S. 4.
[5] VDMA: Studie Produktpiraterie 2012. S. 5.

 

 

Über den Autor Dr. Dirk Neukirchen und Allistro

Dr. Dirk Neukirchen schreibt seit September 2012 über aktuelle Entwicklungen aus dem Bereich des privaten Beteiligungskapitals und setzt sich unter anderem mit den Anlagemöglichkeiten, der Mittelherkunft und den Rahmenbedingungen solcher Finanzierungsformen auseinander.

ALLISTRO ist eine von mittelständischen Unternehmern gegründete Beteiligungsgesellschaft. Unser Fokus liegt auf Nachfolgeregelungen im innovativen Mittelstand der DACH-Region, welche wir von unseren Büros aus Deutschland und der Schweiz begleiten.

Im Rahmen von Wachstumsfinanzierungen und Nachfolgeregelungen bieten wir gut positionierten mittelständischen Unternehmen eine langfristige Eigenkapitalbeteiligung.

Im Fokus stehen dabei Unternehmen mit Sitz im deutschsprachigen Raum und einem Umsatzvolumen zwischen € 5 Mio. und € 30 Mio. ALLISTRO arbeitet stets nach dem Leitsatz: „Werte schaffen – Werte erhalten“.

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Haben kleinere Familiengesellschaften eine bessere Innovationskultur als Großunternehmen?

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Haben kleinere Familiengesellschaften eine bessere Innovationskultur als Großunternehmen?

 

Erst im Herbst 2013 stellte ich die Innovations-Wertschöpfung für eine Volkswirtschaft in einem Blogartikel kurz dar. Mir war schon zu diesem Zeitpunkt klar, dass meine Sichtweise bei Weitem nicht alle wichtigen Faktoren in diesem einen Artikel würde abdecken können. Diese möchte ich gerne ergänzen ohne dabei Aspekte vorwegzunehmen, die im kommenden ALLISTRO-CAPITAL Themenbrief unter der Überschrift „Innovation braucht Tradition“ behandelt werden. Dieser wird in den nächsten Wochen per Post – sofern der Postbote es schafft und Willens ist – zugestellt.

In meinem Artikel heute geht es mehr um die Kultur der Innovation, die auch erst einmal aufgebaut sein muss, damit ein Unternehmen erfolgreich innovativ sein kann.

Innovation und Innovationskraft ist für ein Unternehmen aber auch für eine Volkswirtschaft aufgrund  des schnellen Zusammenwachsens der weltweiten Märkte und deren Vergleichbarkeit wichtiger denn je. Unternehmen, die keine innovativen Konzepte, Produkte und Prozesse entwickeln sind aus Kundensicht vergleichbar, damit austauschbar und leichter angreifbar. Genau das zeigt auch die gerade vom Institut für Mittelstandsforschung und GE-Capital veröffentlichte Studie Triebwerk des Erfolges – der deutsche Mittelstand im Fokus deutlich auf: Die erfolgreichen größeren Mittelständler streben nach Technologieführerschaft, setzen auf Innovationen und die Entwicklung neuer Produkte. Alle anderen Unternehmensstrategien führen über kurz oder lang aufgrund der Vergleichbarkeit zu einem Preiskampf und einer negativen Preisspirale, sofern man dem Kunden neben substituierbaren Produkten nicht noch weitere innovative  Zusatznutzen oder Dienstleistungen anbieten kann.

Innovation ist das Umsetzen von Ideen

Vergleicht man allerdings aus einem ganz anderen Blickwinkel heraus die Innovationsfähigkeit zwischen Eigentümer und Nicht-Eigentümer geführten mittelständischen Unternehmen erhält man erstaunliche Antworten. So kommt die aktuelle Untersuchung des Instituts für Mittelstandsforschung BonnInnovationstätigkeit von Unternehmen“ (IfM-Materialien Nr. 225) vom November 2013 bei 2000 mittelständischen Unternehmen zu dem Ergebnis, dass  beide Gesellschaftstypen gleich innovativ sind. Bemerkenswert ist dabei auch, dass je kleiner die Gesellschaft ist, desto größer die Bereitschaft, Innovationen zu fördern. Wie kommt das? Liegt das wirklich nur daran, dass die Entscheidung nur in einer Hand liegt, wie es die Autoren dieser Untersuchung vermuten?

Ich glaube, dass das vielleicht ein wichtiger aber bestimmt kein Hauptfaktor ist. Die Innovationsfähigkeit lässt sich bei aller Bereitschaft nicht einfach planen, sondern bedarf besonderer Rahmenbedingungen und der Grundlage, dass (visionäre) Strategienseitens der Unternehmensleitung den Mitarbeitern entsprechend klar kommuniziert werden. Die Richtung muss klar und bekannt sein. Wo lässt sich diese Innovationskultur selbstverständlicher vorfinden als in kleineren mittelständischen Unternehmen? Dort, wo der Unternehmer täglich im direkten Dialog mit all seinen Mitarbeitern steht (und diese auch direkt erfahren, dass sie gebraucht werden). Hier liegt für mich die logischere Antwort.

Auch die weiteren Faktoren, die Innovationen und eine Innovationskultur fördern, finden bei kleineren Gesellschaften einen höheren Selbstverständnisgrad, müssen vom Unternehmer weniger geplant und inszeniert werden und bieten daher einen Innovationsvorteil. Es herrscht eher ein Klima gegenseitigen Vertrauens auf Unternehmer- und Mitarbeiterseite, was seitens des Unternehmers gegenüber seinen Angestellten durch Mitsprache und Wertschätzung aufgebaut bzw. gefördert wird. Die klassische Aussage, dass Unternehmen vom Wissen ihrer Mitarbeiter profitieren, ist bei Familienunternehmen damit als Rahmenbedingung vorgegeben, während sich größere Gesellschaften erst einmal öffnen müssen, um dieses nutzen zu können.

Zum Thema „Vertrauen“ gehört auch der Aspekt einer stabilen Personalpolitik, da jahrelanges im Unternehmen aufgebautes spezifisches Wissen der Mitarbeiter für die Weiterentwicklung von Nutzen ist. Auch unter dem Gesichtspunkt, dass die Kundenbedürfnisse in den Innovationsprozess mit einbezogen werden müssen. Oftmals erhalten gerade lange im Unternehmen beschäftigte Mitarbeiter, die über tradierte Kunden- und Lieferantenbeziehungen verfügen, von ihrem Kunden ein reales Feedback, wie deren Bedürfnislage wirklich ist.

Innovationskultur als Teil der Unternehmenskultur

Daher werden bei der Entwicklung neuer Produkte, Dienstleistungen und Prozesse die Mitarbeiter in kleineren Gesellschaften ganz selbstverständlich mit in den Prozess integriert. Diese Begeisterung tragen sie auch nach außen, da ihren Bedürfnissen nachgekommen wird: Für das Unternehmen bedeutungsvoll zu sein, Freude zu haben sowie kreativ und erfolgreich sein zu können.

In größeren, nicht familiengeführten Gesellschaften ist dagegen häufig noch die „top-down-Kultur“ vorzufinden, in denen von oben nach unten geführt wird und auch das gesamte Unternehmen auf die Unternehmensführung ausgerichtet ist. Die Mitarbeiter werden oftmals nicht in Strategieprozesse mit eingebunden sondern müssen erratische Entscheidungen im operativen Geschäft umsetzen. Die für eine Innovationskultur wichtigen Aspekte Eigeninitiative, Gestaltungsfreiheit und sachlich kritisches Hinterfragen sind häufig unerwünscht, aber für eine gute Innovationskultur absolut notwendig.

Zudem glaube ich, dass auch Unternehmensstrukturen die Innovationskultur beeinflussen, insbesondere dann, wenn Hierarchien nicht flach sind und Innovationen nicht bereichsübergreifend verstanden und vorgelebt werden und damit bis zum gänzlichen Ausbremsen zum Hindernislauf im Unternehmen werden.

Auch auf den ersten Vergleichspunkt, der zu dem überraschenden Ergebnis kommt, das Eigentümer und Nicht-Eigentümer geführte Gesellschaften anscheinend gleich innovativ sind, gilt es auch noch eine Antwort zu finden. Vielleicht liegt ja auch der Unterschied nicht in der Innovation als solcher, sondern darin, welchen Neuigkeitsgrad die Innovation wirklich hat und wie die dahinter stehende Risikokultur definiert bzw. zu verstehen ist.

Denn:

  • Ist unter Innovation lediglich eine Verbesserung des Bestehenden oder die Entwicklung von etwas wirklich Neuem zu verstehen?
  • Handelt es sich immer nur um neuen Produkte oder werden auch Prozessveränderungen als innovativ definiert?
  • Bedeutet die Innovationsentwicklung das aktive Fördern von Experimenten oder lediglich die Absicherung durch Analysen?

Über den Autor Dr. Dirk Neukirchen und Allistro

Dr. Dirk Neukirchen schreibt seit September 2012 über aktuelle Entwicklungen aus dem Bereich des privaten Beteiligungskapitals und setzt sich unter anderem mit den Anlagemöglichkeiten, der Mittelherkunft und den Rahmenbedingungen solcher Finanzierungsformen auseinander.

ALLISTRO ist eine von mittelständischen Unternehmern gegründete Beteiligungsgesellschaft. Unser Fokus liegt auf Nachfolgeregelungen im innovativen Mittelstand der DACH-Region, welche wir von unseren Büros aus Deutschland und der Schweiz begleiten.

Im Rahmen von Wachstumsfinanzierungen und Nachfolgeregelungen bieten wir gut positionierten mittelständischen Unternehmen eine langfristige Eigenkapitalbeteiligung.

Im Fokus stehen dabei Unternehmen mit Sitz im deutschsprachigen Raum und einem Umsatzvolumen zwischen € 5 Mio. und € 30 Mio. ALLISTRO arbeitet stets nach dem Leitsatz: „Werte schaffen – Werte erhalten“.

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